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Ausgabe 2/2024

IN-Nachrichten

Am 29. Februar ist Equal Care Day. Welchen Stellenwert haben Erwerbsarbeit und Care-Arbeit in unserem Leben und wie steht es um unsere persönliche Mental Load? Und was können Unternehmen tun, um stressbedingten Gesundheitsrisiken ihrer Beschäftigten vorzubeugen?
Etwa 16,5 % aller Erwerbstätigen in Deutschland leisten branchenübergreifend Basisarbeit, sie arbeiten als ungelernte Arbeitskräfte oder in Mini-Jobs. Mit dem Projekt ORBiT wollen das BGF-Institut und seine Konsortiums-Partner herausfinden, wie sich Respekt für Basisarbeitende ausdrückt und wie er in Unternehmen gesteigert werden kann.
Was braucht es, damit junge Menschen einen guten, gesunden Einstieg ins Berufsleben finden und dann auch langfristig in ihrem Job bleiben wollen? Entdecken Sie unser BGF-Magazin Gesund ausbilden mit Dipl.-Sportwissenschaftler und Ausbildungsberater Matthias Kaspar.

 

 

Zeit, die es braucht - Equal Care Day 29.02.2024

Immer wieder bekommen wir von Arbeitgebern zu hören: „Es sind nicht die beruflichen Belastungen, die zu Krankheitsausfällen führen, das hat private Gründe.“ Die Trennung zwischen Erwerbsarbeit und allen anderen Lebensbereichen ist in Deutschland sehr stark ausgeprägt. Viele Menschen erleben für beruflichen Erfolg in ihrem Umfeld eine hohe Wertschätzung, häufig definieren wir uns auch gesellschaftlich über den Job. Diese Denkweise verschleiert aber ein wenig, dass die Erwerbsarbeit nur ein kleiner Teil des Lebens ist – das gilt sowohl für einen 24-Stunden Tag als auch für die gesamte Lebensspanne.

Menschen sind soziale Wesen und damit auch immer in Familien und andere soziale Gruppen eingebunden. Daraus ergibt sich die sogenannte Care-Arbeit, die ein weit gefasster Begriff dafür ist, wie wir andere Menschen unterstützen bzw. uns um sie kümmern. Ob es der/die Lebenspartner/-in ist, Eltern, Kinder oder andere Personen – früher oder später hat fast jeder Mensch Lebensphasen, in denen die Sorgearbeit größeren Raum einnimmt. Klassischerweise fallen diese Lebensphasen in die Jahre der Erwerbsarbeit, z.B. Zeiten der Kindererziehung, aber auch die zunehmende Pflegebedürftigkeit der eigenen Eltern. Daraus ergeben sich zusätzliche Belastungen, die häufig zu Überlastung führen können.

Aber warum ist die Care-Arbeit denn eigentlich belastend? Zumindest die Kindererziehung und -betreuung ist ja in der heutigen Zeit und in unserer Gesellschaft eine bewusste Lebensentscheidung, die auch mit viel Freude verbunden ist.

Betrachtet man den Gesundheitszustand von Menschen, die beruflich Care-Arbeit leisten, fallen besonders hohe Ausfallzahlen aufgrund psychischer Erkrankungen auf - die Gründe dafür sind vielfältig. Ein wichtiger Punkt ist die Ökonomisierung von erwerbstätig betriebener Care-Arbeit (z.B. erzieherische Tätigkeiten, Kranken- und Altenpflege). Diese führt zwangsweise zu Flexibilisierung, Verdichtung und Individualisierung der Arbeit und damit zu einer enormen Mehrbelastung für die Beschäftigten. Doch eigentlich erfordert diese Art von Arbeit vor allem Zeit, Kreativität, Beziehung, viel Geduld und hohe fachliche Kompetenzen. Daraus ergibt sich bei vielen Menschen das dauerhafte Gefühl den Personen, für die man die Care-Arbeit leistet, nicht gerecht zu werden.

Ein weiterer Punkt, der immer wieder genannt wird, ist die niedrige gesellschaftliche (und wirtschaftliche) Wertschätzung, die der Care-Arbeit entgegengebracht wird. Dies zeigt sich zum Beispiel im Lohnniveau von Gesundheits- und Sozialberufen, aber auch Pflegegeld und Elterngeld machen dies deutlich.

Hinzu kommt, dass in Deutschland die externe Unterstützung bei der Care-Arbeit inzwischen nicht mehr verlässlich ist: Alten- und Pflegeheime sind überbelegt, ambulante Dienste oft nicht (zeitnah) zu bekommen. Kitas und offene Ganztagsbetreuung sowie der Pflegesektor sind unterbesetzt und überlastet, auch weil die Personalschlüssel in der Pflege und in Kitas nicht den wissenschaftlichen Empfehlungen entsprechen. Für alle, die auf diese Dienste angewiesen sind, ist also das schlechte Gewissen vorprogrammiert und ebenso die Sorge darüber, ob Kinder oder Pflegebedürftige in der jeweiligen Einrichtung gut aufgehoben sind.

Das hohe Risiko, sich zu überlasten, liegt in der Natur der Care-Arbeit: Das Kümmern um andere, die Tatsache, dass die Bedürfnisse von anderen immer Vorrang haben (oder man das Gefühl hat, dass das so ist) geht - zumindest auf Dauer betrachtet - unweigerlich damit einher, dass die Selbstfürsorge auf der Strecke bleibt.

Dies erklärt, warum hier besondere Anstrengungen unternommen werden müssen, um diese Zielgruppe langfristig gesund zu erhalten: Von zentraler Bedeutung ist es dabei, eigene Bedürfnisse und Grenzen besser wahrzunehmen und zu schützen. Denn gerade die private Care-Arbeit endet nahezu nie.

Was können Arbeitgeber tun? Wann immer es möglich ist: Freiräume gewähren, damit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder Pflege einfacher wird. Örtlich und zeitlich flexibles Arbeiten sowie Teilzeitmodelle für Männer und Frauen stärken die gerechtere Verteilung der Care-Arbeit. Arbeitgeber können mit einer verständnisvollen und offenen Haltung die Einstellung vermitteln, dass Care-Arbeit dazu gehört. Auch die Einrichtung von Lebensarbeitszeitmodellen kann ein wichtiges Instrument sein.

Was außerdem? Arbeitgeber sollten Care-Arbeit zum Thema machen. Wertschätzende Kommunikation und ein offener Austausch können Betroffenen helfen und dem Thema im Team Raum geben. So sind Kolleginnen und Kollegen bei Bedarf vielleicht auch eher bereit, Arbeit von anderen aufzufangen und Verständnis zu zeigen. Austauschmöglichkeiten wie zum Beispiel Pflege-Cafés für pflegende Beschäftigte können dabei ein gutes Modell sein.

In Unternehmen ist es sinnvoll, sich im Vorfeld Gedanken zu machen und Lösungen für mögliche „Notfälle“ zu erarbeiten, bevor diese eintreten. Beispielsweise kann ein Eltern-Kind-Büro eingerichtet werden für den Fall, dass die Kinderbetreuung ausfällt. Die Ausbildung von Pflegeguides im Unternehmen kann Beschäftigten, die plötzlich mit einem Pflegefall konfrontiert sind, wertvolle Unterstützung bieten.

Die gerechtere Verteilung von Care-Arbeit und Mental Load wird am 29.02.2024, dem Equal Care Day, mit zahlreichen Aktionen thematisiert. Der Mental Load-Test macht die Vielfalt und Komplexität von To-dos deutlich und kann als wichtige Gesprächsgrundlage dienen. Dabei geht es nicht nur um konkrete Tätigkeiten, sondern besonders auch um das „Managen“ der verschiedenen Lebensbereiche und die damit verbundene Gedankenarbeit. Denn gerade diese kann ein hohes Stresslevel nach sich ziehen, welches auf Dauer ein gesundheitliches Risiko für Körper und Psyche darstellt. 

Die Berater/-innen des BGF-Instituts unterstützen Sie und Ihre Beschäftigten mit Angeboten rund um die Themen Achtsamkeit, Resilienz oder Stressmanagement.
Sprechen Sie uns gerne an.

 
Stephanie Martin
Dipl.-Soziologin
Beraterin Gesundheitsmanagement

Tel.  +49 152 01566576
E-Mail: stephanie.martinaEPsoiCvpS7uA5zuhBTuwnbgf-institutde

 

 

ORBiT - Organisationaler Respekt und Basisarbeit in der Transformation

Rund 25% aller Erwerbstätigen in Deutschland sind Basisarbeitende und gehen Tätigkeiten nach, die keine berufliche Qualifikation erfordern. Sie sorgen dafür, dass die täglichen Abläufe unserer Wirtschaft und Gesellschaft funktionieren, sind an vielen Stellen unverzichtbar und oftmals systemrelevant. Basisarbeit ist vielfältig und heterogen. Kurierdienste, Pflege, Einzelhandel, Logistik, Industrie, Security sind nur einige Branchen, die auf Basisarbeitende angewiesen sind. 

Trotz der großen Bedeutung müssen Basisarbeitende häufig mit prekären Arbeitsbedingungen umgehen. Körperlich schwere Aufgaben in Kombination mit wenig Handlungs- und Entscheidungsspielraum, geringer sozialer Unterstützung, wenig Flexibilität sowie seltene Anerkennung und Wertschätzung bergen ein großes körperliches und psychisches Gesundheitsrisiko. Gleichzeitig mangelt es Basisarbeitenden an Entwicklungsperspektiven, sie arbeiten häufig unter unsicheren Rahmenbedingungen wie befristeten Arbeitsverhältnissen.

Das Projekt ORBiT hat es sich zum Ziel gesetzt herauszufinden, wie sich Respekt für Basisarbeitende ausdrückt und wie er gefördert werden kann. Dabei geht es nicht nur um einen wertschätzenden und unterstützenden Umgang miteinander, der auf Anerkennung, Fairness, Vertrauen und offener, transparenter Kommunikation basiert, sondern auch um die Gestaltung gesundheitsförderlicher Arbeitsbedingungen. Dazu zählen zum Beispiel auch eine beteiligungsorientierte Arbeitsorganisation, Flexibilität und geeignete Arbeitsmittel. Die Entwicklung von Perspektiven durch Qualifizierungen und sichere Arbeitsverhältnisse tragen ebenfalls dazu bei, den Respekt im Unternehmen und gegenüber Basisarbeitenden zu fördern.
 

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) fördert im Rahmen des Programm Arbeit: Sicher und Gesund (ASuG) dieses Vorhaben. Gemeinsam mit dem BIT e.V. und dem ddn e.V. werden im kommenden Jahr Indikatoren ermittelt, anhand derer sich organisationaler Respekt abbilden lässt. Mit einem Screeningverfahren dieser Indikatoren sowie Gesprächen mit Basisarbeitenden und ihren Führungskräften wird der Respekt messbar gemacht. Gemeinsam werden die Ergebnisse in eine „Respect-Map“ übertragen, die betriebsindividuell Entwicklungspfade und Handlungsoptionen aufzeigt, um den Respekt zu fördern. Das Vorhaben ist sich der Herausforderung bewusst, gilt es doch, eine sehr heterogene Zielgruppe zu erreichen, oftmals Sprachbarrieren zu überwinden und kulturelle Hintergründe zu berücksichtigen. Besondere Konzepte bei der Ansprache und so genannte Gamification-Elemente sollen helfen, das Vorhaben umzusetzen. Gelingt dies, sind direkte positive Effekte für das Wohlbefinden, die Gesundheit, die Motivation und Engagement der Basisarbeitenden zu erwarten. 

Vier Unternehmen aus der Kurier-, Express- und Paketbranche, der Gebäudereinigung und der Zeitarbeit konnten als Pilotunternehmen gewonnen werden und werden sich gemeinsam mit uns den Herausforderungen stellen, um ihre Basisarbeitenden zu fördern und organisationalen Respekt in ihrem Betrieb zu stärken.

Gleichzeitig untersucht das Projekt die gesetzlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen für Basisarbeitende und hat zum Ziel, Empfehlungen für die Politik entwickeln, um Basisarbeit sicherer, gesünder und respektvoller zu gestalten.

Mit dem Projekt ORBiT möchten wir Wege erkunden, um ein betriebliches Umfeld zu schaffen, in dem sich Mitarbeitende unabhängig von Position und Funktion respektiert, gehört und wertgeschätzt fühlen. Im Anschluss an die Pilotierung im Rahmen des Projekts werden die erarbeiteten Methoden unseren Kundinnen und Kunden zur Verfügung stehen, so dass in Zukunft ein besonderer Fokus auf die Basisarbeitenden gerichtet werden kann.

Ihr Ansprechpartner im BGF-Institut


Oliver Hasselmann
M.A. Health Administration
Referent Forschung & Entwicklung

Tel. +49 173 1618517
E-Mail: oliver.hasselmannaEPsoiCvpS7uA5zuhBTuwnbgf-institutde

 

Weitere Informationen zum Forschungsprojekt: Respekt und Basisarbeit / ORBiT

 

 

Neues BGF-Magazin: Gesund ausbilden

BGF-Magazin mit Dipl.-Sportwissenschaftler und Ausbildungsberater Matthias Kaspar
 

Morgens erst mal ins Fitnessstudio und das während der Arbeitszeit? Azubi Ben Heinemann darf das. Um qualifizierten Nachwuchs zu erreichen, macht die ABUS Kransysteme GmbH in Gummersbach Azubis und Mitarbeitenden besondere und unkonventionelle Angebote - gerade auch, wenn es um Gesundheit geht. Das kommt gut an.

Unsere Themen im aktuellen BGF-Magazin Gesund ausbilden: Azubis gesucht - was braucht es, damit junge Menschen einen guten, gesunden Einstieg ins Berufsleben finden und dann auch langfristig in ihrem Job bleiben wollen? Und welche Rolle spielen dabei die Unternehmen, also die Ausbildungsbetriebe? Was können oder sollten sie tun, um Auszubildende zu stärken?

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