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Darum fördert Sport Resilienz im Job

Meldung vom

Menschen, die regelmäßig intensiven Sport treiben, können besser mit Stress umgehen, der aus dem Arbeitsleben kommt. Schon 30 Sekunden können langfristig einen großen Unterschied machen. Das hat Sportwissenschaftler Dr. Robin Hermann vom BGF-Institut in Studien herausgefunden. Diese 7 Aspekte sind wichtig:

#1 Arbeit kann stressen — Sport aber auch

Es gibt vieles, das den Körper stresst. Zum Beispiel bestimmte Situationen bei der Arbeit, aber auch Sport kann stressen. Hochintensives Intervalltraining (HIIT) etwa bedeutet, beim Sport für 30 Sekunden richtig Gas zu geben. Den Körper so zu fordern wirkt sich ähnlich aus wie psychosozialer Stress — also Arbeitsstress. Das hat Sportwissenschaftler Dr. Robin Hermann anhand unterschiedlicher Parameter nachgewiesen. So stieg zum Beispiel der Spiegel des Stresshormons Kortisol sowohl bei physischem Stress als auch bei psychosozialem Stress. Auch der Laktatwert erhöhte sich bei beidem, obwohl sich die Menschen beim Arbeitsstress — simuliert über ein fiktives Bewerbungsgespräch — nicht bewegten. Dabei ist Laktat eigentlich ein Produkt, das sich bei starker körperlicher Anstrengung im Körper anhäuft. Es ist mitverantwortlich dafür, dass Sportler sich nach Anstrengung ausgepowert fühlen. Das Gehirn bevorzugt Laktat als Energieträger — sogar noch vor Zucker bzw. Glukose. Die Tatsache, dass physischer Stress und psychosozialer Stress so ähnlich auf den Körper wirken, kann man sich zu Nutze machen.

#2 Stress kann positiv sein

Anders als im Job empfanden die Probanden in Hermanns Studie Stress durch hochintensives Intervalltraining (HIIT) nicht als unangenehm. Da der Körper aber ähnlich reagiert und sich mittelfristig ein Trainingseffekt einstellt, kann Sport also gut als Übung für den Körper im Umgang auch mit beruflichen Belastungen eingesetzt werden. Das hat im besten Fall langfristig diese beiden Effekte:
1) Mitarbeitende empfinden Situationen im Job insgesamt als weniger stressig.
2) Mitarbeitende erholen sich nach stressigen Situationen schneller.

#3 Training vernetzt Nerven

Durch hochintensives Intervalltraining (HIIT) vernetzen sich die Nervenzellen. Vernetzte Nervenzellen können besser untereinander kommunizieren. Dieser Effekt, auch Neuroplastizität genannt, lässt sich durch Stress bei der Arbeit schwer trainieren. Denn zum einen ist Stress im Job schlecht dosierbar. Und zum anderen lassen sich Pausen nicht so gut planen. Pausen sind aber zum Regenerieren wichtig: Ohne sie tritt kein positiver Effekt ein. Deshalb ist es besser, Stress gezielt mit Bewegung auszulösen. Außerdem gibt es wohl kaum jemanden, der freiwillig sagen würde: „Lieber Chef oder liebe Chefin, kannst du mich heute bitte mal richtig stressen.“

#4 Es kommt auf die Herzfrequenz an

Damit ein positiver Effekt eintritt, sollte die sportliche Belastung intensiv und dadurch notgedrungen kurz sein. Die Faustregel für die Belastungsspitzen lautet: 220 minus Lebensalter ergibt den Puls. Wer dann etwa 90 Prozent dieses Pulses beim Training erreicht, macht es richtig. Beispiel: Für einen 50-Jährigen bedeutet das: 220 minus Lebensalter (also 50) macht 170 Schläge. 90 Prozent davon ergeben den Richtpuls: Das wären dann 153 Schläge. Das hochintensive Intervalltraining sollte also im Pulsbereich zwischen 150 und 160 liegen.
Dr. Robin Hermann rät: Das Training regelmäßig in den Alltag zu integrieren — am besten zwei- bis dreimal pro Woche. Das ist gar nicht so schwer, denn das Training ist schnell absolviert. Hermann: „Man braucht nicht einen Zeitraum von zwei Stunden, den man sich reservieren muss.“ 30 Sekunden hochintensives Training reichen für den Anfang.

#5 Das Prinzip der Superkompensation nutzen

Nur einmal im Monat trainieren, bringt noch keine Leistungssteigerung. Auch wenn der Zusammenhang noch nicht eindeutig nachgewiesen ist, liegt es nahe die Ergebnisse mit dem Prinzip der Superkompensation zu verknüpfen. Es stammt aus der Trainingslehre und besagt: Nach dem Sport erholt sich der Körper nach und nach von der Anstrengung und stellt seine Kräfte wieder her. Hier gibt es eine Phase, in der die Leistungsfähigkeit für eine gewisse Zeit sogar etwas höher ist, bevor sie sich wieder auf dem Ausgangslevel einpendelt – es wird von Superkompensation gesprochen. Robin Hermann sagt: „Der Trick ist, den nächsten Trainingsreiz dann zu setzen, wenn man gerade in der Phase der erhöhten Leistungsfähigkeit ist.“ So kann die erhöhte Leistung langfristig zum neuen Ausgangspunkt werden.

#6 Diese Übungen bieten sich an

Es gibt viele Möglichkeiten, kurz und heftig zu trainieren „Beispielsweise wenn man mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt und dann eine Strecke vor sich hat, wo man weiß: Hier kann ich 30 Sekunden mal richtig in die Pedale treten“, sagt Hermann. Es funktioniere aber genauso gut bei der Arbeit — etwa im Treppenhaus, wenn man sehr schnell die Treppen läuft. Im Büro sind Burpees oder Hampelmänner denkbar. Und natürlich bieten sich auch im Fitnessstudio Einheiten an — etwa auf dem Crosstrainer, dem Fahrradergometer oder dem Laufband — oder ein Sprint auf der Joggingrunde.

#7 Effekt lohnt sich für Arbeitgeber

Die Erkenntnis, dass Sport Resilienz im Job fördert, ist für Unternehmen Gold wert. Unternehmensführungen sollten Trainingsmöglichkeiten für Mitarbeitende deshalb mitdenken. Spinning- oder Fitnessräume, Duschen und Co — das ist kein Luxus. Sportliches Training steigert nachweislich die Stressresistenz und Gesundheit des Teams.
Eine mögliche Vision für die Zukunft: Das Übertragen der Superkompensation auf den Arbeitsbereich — Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber geben ihren Führungskräften zum Beispiel morgens die Möglichkeit, aufs Ergometer zu steigen. Die erste Handlung ist zweimal auspowern und duschen — während der Arbeitszeit. „So könnten Unternehmen Mitarbeitende ganzheitlich fördern“, sagt Dr. Robin Hermann.

Literatur

Hier geht es zur Dissertation, die Dr. Robin Hermann an der Deutschen Sporthochschule Köln geschrieben hat: Der Verlauf ausgewählter Stressreaktionen unter physischen und psychosozialen Stressoren: Implikationen für die Betriebliche Gesundheitsförderung.

Hier ist eine Übersicht der wissenschaftlichen Artikel, die Dr. Robin Hermann zum Thema veröffentlicht hat.